Zockwork Orange

Düsseldorf und der Pokémon-Go-Hype

Als ich am 13. Juli auf der Düsseldorfer Königsallee einkaufen ging (bei REWE, nicht bei Gucci oder Prada), staunte ich nicht schlecht über die vielen aktiven Lockmodule, die ich in Pokémon Go auf meiner Karte sah. Ich war noch ziemlicher Anfänger und dachte mir “okay, den Umweg nimmst du mal in Kauf, auch wenn das Eis in deinem Rucksack gerade schmilzt und die Tiefkühlpizza auftaut”. Ich ging also die paar Meter rüber zur mittlerweile bekanntesten Brücke über den Kö-Graben, die Giradet-Brücke, benannt nach dem Giradet-Haus an ihrem Ende. Ich war schon ein paar Tage zuvor mal auf der Kö zur Pokémon-Jagd, da es auf Düsseldorfs Luxusmeile einen großen Haufen Pokéstops inklusive einer Arena am Ende gibt, aber auf den Anblick, der mich an dem Abend dort erwartete, war ich dann doch nicht vorbereitet.
Die Giradet Brücke in Düsseldorf: Mekka der Pokémon Go-Spieler

Pokémon-Go-Spieler sammeln sich am 13. Juli abends an der Giradet Brücke. Hier ahnte sicher noch niemand, welche Ausmaße das ein paar Tage später annehmen würde.

Ich stellte mich ein paar Minuten dazu und ging dann heim. Wie sich das noch entwickeln würde, hätte ich mir zu dem Zeitpunkt wirklich niemals ausmalen können. Ein paar Tage später kam ich nach der Arbeit wieder dort vorbei, da saßen die Pokémon-Spieler schon halb auf der Straße, haben umliegende Bänke zur Brücke getragen (am Anfang hat das Ordnungsamt die wohl Abends immer wieder zurück gestellt, irgendwann aber resigniert) und es sich mit Decken bequem gemacht.

Auf der Giradet Brücke in Düsseldorf sind rund um die Uhr 4 Lockmodule aktiv

Warum das Ganze? Auf der kleinen Brücke sind vier Pokéstops, die Spieler aktiveren rund um die Uhr Lockmodule an den vier Stops, so dass jeder auf oder um die Brücke herum davon profitiert. Dank GPS-Ungenauigkeit bekommt man eigentlich von jeder Position an der Brücke alle vier Stops und Lockmodule mit und die Bälle sind trotz der Stops schnell leer, weil einfach so viele Pokémon erscheinen. Fast nur Wasser-Pokémon und oft die gleichen, viele Traumatos, Karpador, öfters mal ein Shiggy – zum Sammeln bringt es auf Dauer nichts, aber für die Erfahrungspunkte – oder wenn man ein Garados entwickeln möchte – ist es nicht schlecht. Das bisherige Highlight war ein (relativ schwaches) Onix, das dort spawnte und die gesamte Spielerschaft in Aufruhr – und kurz in Bewegung – versetzte. Es ist halt doch Pokémon Go und nicht Pokémon Sit.

Giradet Brücke in Düsseldorf – es wird immer voller. Kurz darauf beschließt die Stadt, die Brücke zu sperren. (Foto von Sa, 23.7.)
Mittwoch, 23.7. – Giradet Brücke in Düsseldorf gesperrt für Pokémon-Go-Spieler

Letzte Woche wurde die Brücke dann von der Stadt für den Verkehr gesperrt. Das Foto oben ist am 23.7. entstanden. Ein paar Tage später standen dann auch die versprochenen Dixie-Klos dort. Fehlt ja eigentlich nur noch gratis WLAN und Steckdosen. Die Passanten und Geschäftsinhaber reagieren gemischt, manche freuen sich, manche sehen es gelassen, viele schütteln nur mit dem Kopf oder haben bei jedem Passieren einen dummen Spruch auf den Lippen. Schade eigentlich, die Leute da haben nur ihren Spaß, tun keinem was und den Verkehr behindern sie auch nur unmerklich. (Die Kö ist eine “Flaniermeile” mit einem schmalen Wassergraben in der Mitte, über den mehrere, kleine Brücken gehen. Für den Verkehr vollkommen uninteressant, ob eine davon nun gesperrt ist.)

Mittlerweile sollten sich die Düsseldorfer aber an den Anblick gewöhnt haben, von einem kurzen Hype kann keine Rede sein, die Pokémon-Go-Spieler sitzen dort quasi Tag und Nacht, bei jedem Wetter. Auch Regen hält sie nicht davon ab, der Allerbeste sein zu wollen.

Auch im Regen werden hier Pokémon gefangen

Es soll Spieler geben, die dort teilweise 10-12 Stunden ausharren – es sind ja auch gerade Schulferien. Zum Aufleveln ist es super, um Gleichgesinnte kennen zu lernen oder sich einfach mit ein paar Freunden zu treffen, die auch spielen, ist es auch nett. Für mehr als eine Stunde hat meine Geduld bisher nie gereicht und die Pokébälle sind auch schneller leer, als man durch die Stops neue bekommt. Genügend Karpadore für ein Garados habe ich leider noch nicht, aber bald, bald ist es soweit. Ich bin wirklich gespannt, wie lange das so anhalten wird, ich hätte ich nichts dagegen, würde die Brücke dauerhaft gesperrt und ein wenig begrünt werden. Vielleicht noch ein paar Bänke drauf… Autofahrer beschweren sich immer, aber im Grunde gehört ihnen schon der Löwenanteil jeder Stadtfläche und Düsseldorf ist ja eh gerade dabei, den Verkehr ein wenig aus der Innenstadt rauszuhalten. Die Leute, die auf der Kö fahren, sind eh nur diese Poser, die mit ihren dicken Karren gesehen werden wollen, meinetwegen soll die gesamte Kö eine Fußgängerzone werden. Aber zurück zu Pokémon: mittlerweile springen alle auf den Zug auf. Saturn verkauft Akkupacks/Powerbanks und Pokémon-Merch und bekennt sich zu Team Blau, bei Subway bekommt man je nach Level Dinge geschenkt (ein ganzes Sub ab Level 21), O2 bietet im Saturn einen Pokémon-Tarif an, selbst DM verkauft Powerbanks mit Pikachu-Werbung. Und die Rheinbahn (Betreiber des ÖPNV in Düsseldorf) bot diese Woche das erste Mal eine Pokémon Tour in einer Oldiebahn an, die drei Stunden durch die Stadt an zahlreichen Pokéstops vorbei fuhr. Ich war natürlich dabei, aber dazu im nächsten Artikel mehr.

So, jetzt muss ich wieder auf die Kö, ich muss endlich genügend Bonbons für mein Garados zusammen bekommen.

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