Ein Drachen. Mit einem Jetpack. Und Steampunk. Okay, das ist ein interessanter Ausgangspunkt für ein Strategiespiel. Der Spieler übernimmt in der Solokampagne von »Divinity – Dragon Commander« die Rolle eine Drachenritters in Rivellon (der Welt, in der auch die anderen Titel aus der »Divinity«-Reihe stattfinden), der seines Zeichens Sohn des verstorbenen Imperators Sigurt ist. Dieser hatte mit Hilfe des Erzmagiers Maxos und einer schattenhaften Gestalt, dem „Architekten“, die verschiedenen menschlichen und nicht-menschlichen Völker unter sich vereint. Wenn so ein Feudalherrscher ins Gras beißt, hinterlässt das ja bekanntlich auch ein gewisses Machtvakuum und so auch hier. Sehr zum Leidwesen des Drachenritters ist er auch nicht der Einzige von Sigurts Nachkommen und seine drei Halbgeschwister, alles ziemlich degenerierte Mistkröten, überziehen das Land mit einem Erbfolgekrieg. Es gibt aber auch Hoffnung: Der Spielercharakter hat gegen seine Geschwister die Unterstützung von Maxos, der seine magischen Kräfte und seine fliegende Festung, die Raven, mitbringt.
Das Spiel ist in drei Ebenen unterteilt: Auf einer rundenbasierten Strategiekarte
Das beste am Titel ist jedoch alles was zwischen den Missionen stattfindet. Auf der Raven geht man als Spieler von Raum zu Raum, spricht mit den anderen Charakteren an Bord und erfährt so von der Handlung der Kampagne und den Einzelschicksalen seiner Begleiter, nicht zuletzt seiner vier Generäle und seines Botschafterstabs, die einem dabei helfen das Land zu regieren. Jedes Volk von Rivellon (abgesehen von den Menschen) hat jeweils einen Botschafter an Bord des fliegenden Schlachtschiffes geschickt. Die NSCs tragen in regelmäßigen Abständen Aufgaben oder Probleme an den Drachenritter heran. Die Elfen möchten z.B. die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare erlauben, was den puritanischen, bibelfesten Untoten überhaupt nicht gefällt. Entscheidet man sich für die Elfen, wendet sich danach ein General vertrauensvoll an einen, um ihm (oder ihr?) bei seinem Coming Out zu helfen. Während man so versucht, die Balance zwischen den Interessen der Völker und Charaktere zu wahren, entspinnen sich immer mehr Handlungsfäden zu einem ganzen Geflecht möglicher Konsequenzen, was durch die Atmosphäre teils stark an einen Politiksimulator in Pratchett’s Scheibenwelt erinnert. Es klingt zunächst ein wenig trocken, aber der Unterhaltungswert ist enorm, zumal sich auch jede Entscheidung durch freischaltbare Boni, Sondereinheiten und Zaubersprüche auch spürbar auf den restlichen Strategieteil auswirkt.
»Divinity – Dragon Commander« ist nischig, ein bisschen strange und hat durchaus ein paar kleinere Macken. Dennoch kann man wegen der erinnerungswürdigen Charaktere, der Drachenmechanik, der Story und des im Spielverlauf stetig besser und umfangreicher werdenden Strategieparts jede Menge Spaß damit haben. Es ist aber auch kein »Civilization«, kein »Total War« und schon gar kein »Europa Universalis« (Kurz: Nichts, womit man hunderte von Stunden verbringen kann.) und jedem der ein RICHTIG ernsthaftes Strategiespiel mit massenweise Tiefgang sucht, sei geraten sich weiter umzusehen. Nicht ganz so krassen Hardcorestrategen sei das Teil aber guten Gewissens ans Herz gelegt.
httpv://youtu.be/LvnLAimI9PQ