Daedelic verspricht uns in »Die Säulen der Erde« eine “einzigartige spielerische Erfahrung“ in der wir „im Verlauf der packenden Geschichte eine tiefe emotionale Bindung mit den Charakteren“ aufbauen. Leider ist davon im ersten Teil des Spiels noch nicht viel zu sehen.
Zugegeben – Buch und Film haben mich nie sonderlich interessiert, da ich mit mittelalterlichen Settings nicht viel anfangen kann. Ich mag jedoch Daedelic und bin großer Fan der Deponia-Reihe, die mich vor allem aufgrund ihres Humors, ihrer tollen Erzählung und den (meistens) guten Rätseln begeistern konnte. »Die Säulen der Erde« jedoch ist weder lustig, noch gut erzählt noch hat es herausfordernde Rätsel.
Im Verlauf der sieben Kapitel steuert man drei unterschiedliche Charaktere, die sich komplett gleich spielen: Tom, der Steinmetz, Philip, der Mönch, und Jack, der kleine Junge. Alle drei bleiben mir das ganze Spiel über völlig egal, weil sie langweilig und eindimensional sind und auch die gesamte Inszenierung unfassbar dröge ist. Der Grafikstil wird von der Farbe grau dominiert, Gesprächsdynamik zwischen den Figuren ist praktisch nicht vorhanden und die Gespräche interessieren mich selten. Dadurch kann ich keinerlei Verbindung zu den Charakteren aufbauen, zumal das Spiel die Chance verpasst auch nur eine spielbare weibliche Figur anzubieten.
Daedelic selber nennt es einen „Interaktiven Roman“, am besten kann man das Spiel wohl als Mischung aus Walking Simulator und Point & Click Adventure bezeichnen – jedoch ohne die jeweiligen Stärken der beiden Genres zu nutzen. Die in Walking Simulatoren übliche Exploration der Spielwelt findet nicht statt, da man pro Kapitel nur mehrere vorgegebene Bildschirme mehrfach durchläuft, das aus Point & Click Adventures übliche Rätsellösen findet ebenfalls nicht statt, weil man maximal jeweils einen Gegenstand mit einem anderen Gegenstand oder einer Person benutzen muss. Damit geht »Die Säulen der Erde« in die Richtung der Gameplay-reduzierten Telltale-Spiele, erreicht insgesamt aber niemals deren Qualität, weil die Handlung zu keiner Zeit auch nur ansatzweise Spannung, Überraschung oder Dramatik bietet, um die fehlende Spielmechanik auszugleichen.
Überhaupt plätschert das Spiel konstant vor sich hin, die Steuerung mittels Gamepad statt Tastatur vermittelt wenigstens noch etwas mehr direkte Spielkontrolle. Zwar gibt es – ebenfalls wie bei Telltale üblich – immer wieder mal Dialogoptionen, die unter Zeitdruck getroffen werden müssen, es erscheint mir aber, dass es keine Logik dahinter gibt, wann das der Fall ist. Dafür müssen zu viele Entscheidungen unter Zeitdruck getroffen werden, bei denen es keinen ersichtlichen Grund dafür gibt und wieder andere, wo ich eine heruntertickende Uhr erwarten würde, das Spiel mir aber alle Zeit der Welt lässt.
Somit bleibt eine ernüchternde und bedauerlicherweise langweilige Spielerfahrung zurück, die problemlos auch in zwei statt fünf Stunden hätte erzählt werden können. »Die Säulen der Erde« wird sicherlich seine Anhänger finden, Fans von bisherigen Daedelic-Spielen lassen jedoch lieber die Finger davon.
Teil 1 erscheint am 15. August für PC, Mac, Linux, PlayStation 4 und Xbox One.
Transparenz-Hinweis: Die Säulen der Erde wurde uns von Daedelic per Steam-Key kostenlos zur Verfügung gestellt.