Was man auch tut, allen kann man es nie recht machen. In den letzten Jahren war die gamescom total überfüllt, was neben schlechter Organisation auch an den ganzen Fachbesuchern Vertretern der Presse lag, die kostenlos auf die Messe kamen. Und zwar nicht nur am Mittwoch, dem Pressetag, sondern den kompletten Event-Zeitraum von Mittwoch bis Samstag. Ich habe das selbstverständlich auch ausgenutzt, dachte dabei aber ganz ehrfürchtig: “Wow, ich bin doch nur so ein kleiner Blogger und jetzt laufe ich hier mit meinem Pressebadge rum”. Mal ehrlich: wir sind keine Journalisten, wir machen den Quatsch hier zum Spaß. Von einer Messe zu verlangen, Horden von uns kostenlos reinzulassen, ist schon etwas dreist. Ich habe das immer mitgenommen, klar. Aber ich habe mir nie eingebildet, darauf auch wirklich einen Anspruch zu haben.
Letztes Jahr haben die Betreiber der gamescom dann gesagt, jedes Blog dürfe nur maximal drei Personen schicken. Vollkommen einleuchtend, bedenkt man den Umfang der Berichterstattung klassischer Blogs. Für fünf gamescom-Artikel muss man nicht 4-6 Bloggern fünf Tage kostenlosen Zugang gewähren. Da war das Geheule groß. Auf der anderen Seite wurde aber auch gejammert, weil zu viele Menschen auf dem Event-Gelände waren, man keinen Sitz- oder Stehplatz im Pressezentrum bekam und es selbst am reinen Pressetag lange Schlangen gab. Jeder will, dass weniger Leute und vor allem weniger Pseudopresse zugelassen wird, will aber selbst von der Regelung nicht betroffen sein.
Dieses Jahr verschärft die gamescom dann nochmal die Anforderung für eine Akkreditierung:
Personen unter 16 Jahren ohne Jugendpresseausweis können nicht akkreditiert werden.
Inhaber eines Jugendpresseausweises erhalten ausschließlich eine Akkreditierung für den Medientag (erster Messetag). Eine Verlängerung der Gültigkeit ist nicht möglich.
Es werden keine Akkreditierungen an Inhaber privat initiierter Spiele-Homepages, privat initiierter Blogs sowie Podcast-Seiten ausgestellt.
Zugriffszahlen und Größe des Mediums spielen bei der Akkreditierung und der zugelassenen Personenanzahl eine Rolle.
Für jede andere Messe wären das total verständliche Einschränkungen, bei der gamescom ist das ein Grund für den nächsten Shitstorm.
Aber warum? Weil man den Bloggern keine kostenlose und vernünftige Möglichkeit zur Berichterstattung gibt? Oder weil die Blogger jetzt plötzlich für ihr Hobby Geld bezahlen müssen? Aber wieso sollten sie ein Recht auf freien Eintritt haben, wenn es nur ein Hobby ist? Den meisten Leuten nehme ich es einfach nicht ab, dass sie sich jetzt dadurch in ihrer journalistischen Tätigkeit eingeschränkt fühlen. Wir sind alle scharf drauf, Sachen zu sehen und Games zu zocken, zu denen das normale Volk keinen Zugang hat, aber es gibt keinen richtigen Grund uns dies zu gewähren. Klar, manche Blogger haben Reichweite und Einfluss, aber im Vergleich zu Blogs anderer Kategorien sind die meisten Videospiel-Blogs verdammt klein und unwichtig.
Es ist natürlich schade, insbesondere für eine eher lockere Branche. Und es ist schade für die ganzen Indie-Entwickler, die von den großen Magazinen nur wenig Aufmerksamkeit bekommen und sich über jeden Blogger freuen. Aber im Grunde war es nur eine Frage der Zeit, bis sich die Leute hinter der gamescom darüber im Klaren waren, was das Wort Fachbesucher Pressevertreter eigentlich bedeutet. Das seid ihr nicht, liebe Blogger mit 10-20 Lesern am Tag. Das sind wir von Zockwork Orange aber ebenso wenig.
Und dass man in Deutschland nur als “echter” Journalist zählt, wenn man jährlich nachweist, dass man seinen Hauptverdienst aus journalistischen Tätigkeiten bezieht, das ist ein deutsches Problem und kein gamescom-Problem. Das würde unsere Problemstellung vielleicht sogar umgehen; wir fühlen uns als Journalisten, wir beantragen einen Presseausweis, bekommen ihn und werden bei der gamescom akkreditiert. Da wir als Blogger aber nicht die Voraussetzungen für einen Presseausweis erfüllen, dürfen wir uns auch nicht über die gamescom beschweren, wenn sie uns nicht ernst nimmt.
Dass wir die letzten Jahre quasi als Schmarotzer kostenlos hinter die Kulissen der Spielemesse schauen durften, war ein Bonus, aber keine Selbstverständlichkeit.
Ich persönlich habe sowieso schon länger überlegt, ob sich ein erneuter Besuch der gamescom überhaupt lohnt. Im Endeffekt kriegt man auch als Pressevertreter nur ein paar Trailer vorgesetzt, die eh am nächsten Tag auf YouTube sind – dafür lohnt sich der ganze Aufwand (Urlaub nehmen, Anreisekosten, Unterkunft) nicht. Als Klassentreffen unter Bloggern war die Veranstaltung cool, unsere re:publica quasi, aber das lässt sich bestimmt auch ohne Pressezugang bewerkstelligen.