Im vierten Deponia-Abenteuer verschlägt es den Chaoten Rufus in die Zukunft. Und in die Vergangenheit. Denn was gibt es besseres, um eine eigentlich abgeschlossene Trilogie wiederzubeleben, als ein Prequel oder eine Zeitreisegeschichte? »Deponia Doomsday« ist ein bisschen von beidem. Nach einem heldenhaften Selbstopfer in »Goodbye Deponia« wacht Rufus in seinem Heimatort Kuvaq auf. Puh, alles nur geträumt… oder doch nicht? Und wieso ging der Traum nach seinem Sturz noch so lange weiter, zeigte Rufus als alten Mann mit Schnauzbart, der letztendlich Deponia in die Luft jagte? “Was für ein Albtraum“, denkt sich Rufus, während er einen seiner Fluchtversuche nach Elysium vorbereitet. Dieses Mal soll es ein Heißluftballon sein, der ihn ins gelobte Land trägt. Nur noch Tonis Kristallgläser einpacken und ab geht’s. Es wäre auch fast alles gut gegangen, wäre da nicht der Zeitreisende McChronicle gewesen, der keine Zeitmaschinen rückwärts einparken kann, und dann auch noch der rosa Elephant – so viel zu den schönen Kristallgläsern. Doch Moment — Zeitmaschine, kaputte Gläser — da lässt sich doch sicher was machen? Rufus hat einen seiner Geistesblitze und wer ihn kennt weiß, jetzt ist es an der Zeit, in Deckung zu gehen, den nächsten Notausgang zu suchen und den Feuerlöscher in die Hand zu nehmen. Wo zeitgereist wird kann man froh sein, wenn es nur ein paar Späne sind, die fallen und sich nicht direkt der gesamte Planet in Wohlgefallen auflöst, insbesondere, wenn der Zeitreisende “Rufus” heißt.
Die Deponia-Trilogie war mit »Goodbye Deponia« – so wie fast alle Trilogien nach dem dritten Teil – abgeschlossen und so waren Fans nicht wenig überrascht, als mit »Deponia Doomsday« ein neuer Teil angekündigt wurde, der auch nur wenige Tage nach der ersten Ankündigung erscheinen sollte. Ein Spiel, von dem niemand wusste, dass es überhaupt entwickelt wurde, das lässt etwas fix zusammen geschustertes erwarten. Aber mitnichten.
Das Ergebnis ist ein waschechtes, erstklassiges Poki-Daedalic-Adventure.
Das Ergebnis ist ein waschechtes, erstklassiges Poki-Daedalic-Adventure. Der Plot ist wie eingangs erwähnt nicht sonderlich einfallsreich, die Umsetzung lässt hingegen nur wenig zu wünschen übrig. Besonders beeindruckend ist die Vielfalt der Orte und Figuren und die Abwechslung in den Rätseln und Mini-Spielen, auch wenn man ich über letztere streiten kann, konnte man aber auch in Teil 1-3 schon. Doch – wiku-wiku-wiku* – zurück zum Anfang und mal von vorne.
Rufus, unser geliebter Chaot mit dem unzähmbaren Pony, der orangen Warnweste und dem Drang zur Zerstörung lebt auf Deponia, einem Schrottplaneten; sein Ziel ist die schwebende Stadt Elysium. Was klingt wie der Plot eines Neill-Blomkamp-Films ist Grundlage für bisher vier Point-and-Click-Adventures. »Deponia Doomsday« spielt erstmal vor dem allerersten Deponia. Dank fliegender Zeitmaschine bleibt das aber nicht so und so wird auch Elysium zu verschiedenen Zeiten ein Besuch abgestattet, nebenbei wird noch in einem Vergnügungspark, einem Restaurant am Ende des Universums (quasi) und an weiteren kleineren Orten Halt gemacht. Über zu wenig Abwechslung kann sich hier niemand beschweren, höchstens über zu wenig Durchblick bei den ständigen Sprüngen durch Zeit und Raum. Rätsel, die tatsächlich auf dieser Zeitmechanik aufbauen, gibt es ein paar (“Verstecke Milch in der Vergangenheit, um Käse in der Gegenwart zu haben” – Käse ist essentiell für Zeitreisen.), die meiste Zeit sind die Sprünge aber direkt an die Story gebunden und bedürfen nicht allzu viel Hirnakrobatik. Anders bei den normalen Rätseln, die häufig um drei Ecken gedacht sind. Das mag aber ein generelles Problem zwischen mir und Point-and-Click-Adventures sein, dieses “Wieso geht das grad nicht, das ist doch logisch? Ach so wollen die das haben, das ergibt doch gar keinen Sinn”-Gefühl. Warum braucht man zum Beispiel Milch und Erdnüsse, um Erdnussbutter zu erzeugen, wenn in Erdnussbutter gar keine Milch ist? Allgemein kam bei mir öfters Frust bei den Rätseln auf. Dass man alles mit allem ausprobiert, überall hin klickt und Gespräche mehrfach führen muss, ist ja eigentlich in allen Spielen dieser Art so. Was es nicht weniger nervtötend macht, wenn man denselben Dialog zum dritten Mal führt. Hier wird das an manchen Stellen noch verstärkt, wenn ein Rätsel auf Zeit gelöst werden muss, bevor die Zeitschleife wieder alles rückgängig macht. Ich gebe zu, ab und an habe ich in einen Walkthrough geschaut, ansonsten wäre ich wohl nie fertig geworden. Trotz Komplettlösung habe ich rund 17 Stunden gebraucht, bis das leicht enttäuschende Ende von »Deponia Doomsday« über meinen Monitor flimmerte. Nicht zu wenig für ein 30-Euro-Game, das aber auch schon direkt am Releasetag in der Computerbild Spiele für 10 Euro lag, da kann man also nicht meckern. (Außer über die fragwürdige Marketing-Aktion, ein neues Spiel am Releasetag für ein Drittel des Preises in eine Zeitung zu legen.)
Am Ende verlasse ich Deponia mit gemischten Gefühlen. Optisch ist »Deponia Doomsday« so gut wie perfekt, die Sprachausgabe lässt ebenfalls nichts zu wünschen übrig, die Figuren und Hintergründe sind perfekt und mit viel Liebe zum Detail handgezeichnet, es gibt 1000 kleine Dinge im Hintergrund zu entdecken und fast gleich viele Anspielungen zu finden (wie Zeitmaschinen, die “Retardis” heißen oder “Fewlocks”, die so heißen, weil “Morlock” schon vergeben war.) Am Ende wurden die Rätsel etwas wirr und die ganze Zeitsprung-Mechanik wirkte nicht ganz ausgereift und hätte mehr in die eigentlichen Rätsel mit einfließen können. Die vielen Minispiele waren wie immer nicht ganz ausgereift, vor allem in der Steuerung, ließen sich aber in der Regel überspringen. Dem Spielspaß hat das aber alle keinen Abbruch getan und »Deponia Doomsday« braucht sich nicht vor seinen Vorgängern zu verstecken und das kann ein vierter Teil selten von sich behaupten. Ich vergebe 8 von 10 Schnabeltieren und spreche eine eindeutige Empfehlung für alle Adventure-Fans und Freunde von schrägem, deutschem Zeitreisehumor aus.
*Zeitmaschinen-Geräusch, nicht alle Zeitmaschinen machen Vworp Vworp.
Normalerweise habe ich bei der x’ten Fotsetzung einer Spielereihe immer das Gefühl, dass da nur noch das letzte Geld raus gequetscht wird. Das Gefühl habe ich bei Daedalic und speziell bei Deponia absolut gar nicht. Die Reihe wird mit jedem Teil nur noch besser, die Witze witziger und die Charaktere skurieller. Genau mein Stil. 8 von 10 Schnabeltiere sind also absolut gerechtfertigt. ^-^
Droggelbecher.
Droggelbecher indeed. Rufus ist einfach die perfekte Figur und Deponia ein fantastisches Setting, da kann ruhig noch mehr kommen.