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Das Schwarze Auge kann auch böse gucken: DSA – Demonicon

Videospieladaptionen, die das Label „Das Schwarze Auge“ tragen, hatten es noch nie leicht – Die alte Nordlandtrilogie aus seligen DOS-Zeiten vielleicht mal außen vor gelassen – und seit eh und je zerbrechen sich alle Beteiligten und Fans die Köpfe darüber, warum. Häufigste Theorie bis jetzt: Das Problem ist das ureuropäische, sehr lauschige Szenario mit kleinen Fachwerkhäuschen und einer zugegeben sehr umfangreichen und teils auch etwas sperrigen und für Einsteiger verwirrenden Mythologie im Hintergrund. Ich hingegen hege allerdings den Gedanken, dass irgendjemand die Marke mit einem praiotischen Interdictum oder einem Fluch des Namenlosen belegt und das nur niemandem mitgeteilt hat. Jaja, schon gut! Von jetzt an keine nerdigen Pen&Paper-Referenzen im Artikel, die wahrscheinlich eh fast keiner versteht, versprochen.
ZwO Demonicon Preview Welt

Kaputte Kronen und finsteres Gesocks

Fakt ist aber dennoch, dass »Demonicon« sich alle Mühe gibt, aus dem aus »Drakensang« bekannten Schema auszubrechen, spielt es doch in den sog. „Schwarzen Landen“. Das Dark Fantasy – Setting existiert für die Urform des Pen&Paper-Rollenspiels schon seit über einem Jahrzehnt und beinhaltet fast das gesamte östliche Aventurien, wo einst ein mächtiger Magier und Halbgott namens Borbarad mit einem kleinen Zirkel von Anhängern, Heptarchen genannt, einen Eroberungsfeldzug gestartet hat. Laut offizieller Geschichtsschreibung durch die DSA-Redaktion wurde Borbarad dann schließlich von einer Heldengruppe, den „Sieben Gezeichneten“, besiegt und dessen Krone, die ihm Macht über Dämonen gewährt hatte, in sieben Teile zerteilt. Von denen haben die Heptarchen sich danach jeder einen unter den Nagel gerissen und ihrerseits kleinere Herrschaftsgebiete aus dem Boden gestampft. Ein solcher Heptarch war Rhazzazor, ein gewaltiger untoter Drache, der damals mit einer riesigen Zombiearmee die Warunkei unterworfen hat, den Landstrich, in dem die Handlung von »Demonicon« stattfindet. Dementsprechend sieht es da auch immer noch aus: Auch wenn Rhazzazor ebenfalls inzwischen der Vergangenheit angehört, ist die Warunkei immer noch ein düsteres, geschändetes Land, wo Dämonen als neue Götter angebetet werden und Nekromantie (also Totenbeschwörung und magische Spielereien mit Leichen aller Art) immer noch mehr oder minder legal ist. Die Kirche der zwölf Götter, also „die Guten“, startet deswegen von der befreiten Stadt Warunk aus immer wieder Feldzüge zur Rückeroberung und zur Befriedung. Warunk ist wie schon erwähnt der Haupthandlungsort des Spiels, denn dahin verschlägt es die Spieler in der Rolle von Cairon, der mit seiner Schwester Calandra und deren Vater, einem zwielichtigen, verkrüppelten Ex-Söldner, als Teil eines Flüchtlingstreks in der Stadt ankommt. Natürlich soll an dieser Stelle nicht zuviel gespoilert werden, aber soviel sei gesagt: Calandra gerät in Gefangenschaft, Cairon versucht sie zu retten und das wiederum setzt eine verhängnisvolle Kette von Ereignissen in Gang, bei der sich herausstellt, dass der Spielercharakter selbst einen höllischen Funken in sich trägt, gegen dessen Einfluss er von da an zu kämpfen hat… Oder aber er gibt sich ihm bereitwillig hin. Wer braucht schon eine Seele, wenn dämonische Macht winkt?

Moralisch fragwürdig

Doch genug des Fluffs! Ihr merkt es sicher schon: »Demonicon« verhält sich zu der »Drakensang«-Reihe so ähnlich wie Cannibal Corpse zu Justin Bieber und das aus gutem Grund. Schließlich will man ja mit »Dragon Age – Origins«, »The Witcher« und dem Rest der beliebten Dark Fantasy – Prominenz konkurrieren können. Allerdings war genau das auch der Grund, warum ich erst mal skeptisch war, als ich das erste mal vor dem Titel gesessen habe, um selbst Hand anzulegen. Ist das noch DSA oder haben wir es hier mit einem Sell-Out zu tun, der möglichst massenkompatibel sein will? Wohl gemerkt, ich schreibe aus der Sicht eines langjährigen Fans des Urspiels. Dass was ich vom Titel gesehen habe, war durchaus spaßig und stimmte mich erst mal hoffnungsvoll, war spielerisch aber noch viel zu unfertig, um letztlich ein richtiges Urteil (auch für Nichtfans) abgeben zu können. Der Grundstein ist jedoch gelegt und geht zumindest storytechnisch in die richtige Richtung. Im Vergleich zu »Skyrim« wird es eine viel begrenztere aber dafür viel dichtere Spielwelt geben und außerdem wird die Story hochgradig nonlinear. Entscheidungsfreiheit ist das zentrale Element der Handlung, denn fast alles hat Einfluss auf den Handlungsverlauf und das teilweise in sehr unvorhersehbarem Ausmaß. Ausschließlich gute und ausschließlich böse Lösungswege sind dabei eher die Seltenheit, da die ganze Welt und Story moralisch eher in einer Grauzone stattfindet. Wer aus einer guten Intention heraus z.B. einen tyrannischen Banditenanführer umbringt, weil er Geld von Reisenden stiehlt, lässt dabei vielleicht außer Acht, dass dieser Bandit und seine Jungs das Einzige sind, was zwischen den Reisenden und einem düsteren Dämonenkult steht…

Große Pläne

Zumindest auf dem Storysektor sind alle Zweifel beseitigt, da mit Daniel Hessler ein sehr fähiger Autor aus der offiziellen DSA-Redaktion am Steuer sitzt, der extrem viel Kreativität in die Handlung hineingesteckt hat. Das zumindest sei verraten, nachdem ich mich lange und ausgiebig mit Daniel unterhalten habe. Phew… Also doch kein Sell-Out! Und sonst? Sonst ist noch jede Menge Zeit, um die der Presse zuletzt vorgelegte Alphaversion zu polieren, da der Titel erst irgendwann in der zweiten Hälfte von 2013 erscheinen soll. Die Animationen sind noch etwas hölzern, alles ist zerfressen von Bugs, häufig gibt es noch Platzhaltergrafiken und -sounds. Nichts worüber man erst mal Schlaf verlieren müsste. Es gibt ein Craftingsystem für Ausrüstung, Alchemie, ein Magiesystem samt veränderbarer Zauber. All das klingt zwar schon sehr vielversprechend, allerdings sind die Kämpfe noch ein wenig sehr eintönig und unausgeglichen. Momentan bin ich aber willens, dem Umstand die Schuld zu geben, dass längst noch nicht alle Fähigkeiten und Animationen spielbar sind. Gut ist allerdings, dass man in der Rolle von Cairon nicht in ein vorgegebenes Klassenkorsett gezwängt wird. Wer schleichen und meucheln will, kann das ebenso tun, wie jemand der sich lieber auf Magie oder Waffenkunde beschränkt. Natürlich ist auch alles dazwischen möglich.

Drahtseilakte und Stolpersteine

Allerdings wären da auch noch zwei Dinge, die dem finsteren Spielspaß in Aventurien jedoch trotz aller guten Aussichten einen absoluten Abbruch tun könnten: Erstens MÜSSEN die Entscheidungen des Spielers während der Quests spürbare, nachvollziehbare Auswirkungen auf die Handlung haben. Ich muss als Spieler erleben können, wie sich die Welt um mich herum entwickelt, da Entscheidungsfreiheit schließlich im Kern des Ganzen steht. Zweitens, und das ist das größtmögliche Hindernis, muss trotz der im Vergleich zu anderen Spielen kleineren Welt für jede Menge Abwechslung gesorgt werden. Die Welt wird etwa die Größe des ersten »Witcher«-Teils haben, und wenn man dabei Schauplätze mehrmals besucht, muss man sie auch gerne besuchen und das ist das designtechnische Kunststück dabei. »Dragon Age II« ist berühmt dafür geworden, dass es vorgemacht hat, wie spektakulär so etwas in die Hose gehen kann, denn Eintönigkeit ist der Tod für jedes Spiel dieser Art, egal wie ausgereift der Rest eigentlich ist. Wenn die Entwickler ihre Welt sinnvoll füllen können, sie die Kurve zwischen Einsteigerfreundlichkeit und Nähe zum Originalstoff gut hinbekommen und der Rest ebenfalls stimmt, könnte »Demonicon« tatsächlich das erste Rollenspiel aus dem DSA-Universum werden, das vielleicht sogar auch international Anklang findet. Das zu schaffen wird sicherlich eine Herausforderung, allerdings realistisch gesehen auch eine durchaus schaffbare. Ich jedenfalls werde das Teil genau im Auge behalten und bin sehr gespannt, wie es am Ende wird. Jedem, der ein Herz für Rollenspiele hat, würde ich raten das gleiche zu tun, denn Noumena könnten da eventuell auf einem sehr genialen Vertreter seines Genres sitzen.

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