Auf der diesjährigen gamescom durfte ich ja bereits einen ersten Blick auf »Bounty Train« werfen, einen Zug-Simulator (bei Daedalic ist es als “Railroad-Survival-Simulation” gelistet) im Amerika der 1860er Jahre, vollständig mit Dampflokomotiven, Indianern und Banditen. Wir schlüpfen hier in die Rolle des Walter Reed, dessen Vater – ein wichtiger Spieler im transkontinentalen Eisenbahn-Geschäft – erst kürzlich bei einem vermutlich fingierten Eisenbahnunfall ums Leben kam. Wir starten unsere Reise in Portland, wo Walter Reed sein Erbe antreten möchte, doch der Familienanwalt eröffnet ihm, dass dies nicht so leicht und mit einer Bedingung verknüpft sei. Er müsse die Eisenbahnstrecke quer durchs Land vollenden, was gut 10 Jahre dauern kann. Zeigt Walter Reed dem schmierigen Anwalt nun den Vogel, ist das Spiel hier zu Ende. Game Over. Nach 3 Minuten vorbei. Es folgt ein zweiter Anlauf, dieses Mal wollte ich alles richtig machen. Nun, zumindest die allererste Konversation überstehen. Ich nahm also die Aufgabe an, besaß nun eine Lok mit zwei Waggons und stand im Bahnhof rum. Mein erstes Problem: ich hatte zwar das Tutorial absolviert (vielleicht hab ich nicht ganz aufgepasst), stand aber dennoch komplett planlos im Bahnhof. Nach ein wenig Geklicke kam ich drauf, dass man das Rathaus anwählen und sich dort Aufträge holen kann, außerdem kann man die am Bahnsteig stehenden Personen anheuern oder auch für sie Aufträge ausführen. Passagiere konnte ich noch nicht viele mitnehmen; Platzmangel. In jeden Waggon passt nur eine Person. Für neue Waggons fehlte (noch) das Geld. Jetzt muss man eigentlich noch die Ressourcen auffüllen, die man ausliefern muss, die gibt es im Depot, zusammen mit der Kohle. Wenn die leer ist, bleibt die Lok stehen. Puh.
Die nächste Hürde: hatte das Tutorial abgedeckt, wie ich vom Stadtmodus in den Weltkartenmodus wechsle beziehungsweise, wie man mit dem Zug vom Bahnhof aus losfährt, hab ich es übersehen. Nach einigem Suchen fand ich den kleinen Button am oberen Bildschirmrand, mit dem das Spiel in die Kartenansicht wechselt, leider ohne Animation, wie die Dampflok den Bahnhof verlässt. Auf der Karte wird man dann von einigen Symbolen erschlagen; die Strecke nach Boston muss freigeschaltet werden, das kostet Lizenzgebühren, man sieht Städte und wo an den Strecken Banditen lauern. Möchte man vorbei, kann man direkt zahlen oder den Kampf suchen. Kämpfen wollte ich nicht, aber ich konnte ja auch nicht direkt zu Beginn alle Leute bezahlen und Schwäche zeigen, also auf in den Kampf. Die Kämpfe hatte ich auf der gamescom gesehen und wusste, dass sie nicht leicht sind. Man muss hier auf alles gleichzeitig achten. Da wäre der Zug und der Kesseldruck, ist der zu hoch, machts Bumm. Die Platzierung der Waren ist wichtig, es brechen Feuer aus, die gelöscht werden müssen (Person im Zug anklicken und dann aufs Feuer klicken, von alleine machen die nix) und dann muss man noch die Passagiere strategisch günstig platzieren, damit sie möglichst gut auf die Angreifer schießen können. Wenn dann noch Indianer die Waggons entern und man sich auch noch um diese Bedrohung kümmern muss, ist ganz schnell Stress angesagt.
Ich mag die Atmosphäre von »Bounty Train«, ein bisschen erinnerte mich das an North & South auf dem C64 von Infogrames (oder aber die französische Comicvorlage, die ich ebenfalls mochte. Spielt auch alles zur selben Zeit), ich mag die Optik und alles drumherum, allerdings wirken mir die Menüs etwas zu überladen und das ganze Spiel zu hektisch. Man muss als Spieler alles micromanagen und das kann bisweilen in richtige Arbeit ausarten. Und am Ende geht es hauptsächlich um Handel, Güter gegen Geld, Geld gegen neues Equipment, der Zug selbst spielt eigentlich nur in den Kämpfen eine Rolle. Und Bounty Train ist schwer, richtig schwer. Zu Beginn schrieb ich, wie ich beim ersten Versuch direkt den Game-Over-Screen vor mir sah, weil ich eine falsche Dialogoption wählte. An allen Ecken lauert der Tod und es gibt keine Speicherpunkte oder Savegames, das heißt, wenn das Geld weg oder die Lebensleiste leer ist, geht alles von vorne los, alle Dialoge noch einmal… Jetzt habe ich eine Early-Access-Version kurz angespielt, bis zum eigentlichen Release kann sich noch vieles ändern, dafür ist Early Access ja da. Bounty Train macht jetzt schon vieles richtig und bis zum Release 2016 ist auch noch genug Zeit, um die Weichen richtig zu Stellen und noch mal ordentlich Dampf zu machen. (Ja, ich wollte irgendein Lok-Wortspiel einbauen, tut mir leid.)
Mehr Infos zu »Bounty Train« findet ihr bei Daedalic oder auf der Website zum Spiel.