Assassin’s Creed Shadows: Testtagebuch III – Riesige Rückschritte 0

Assassin’s Creed Shadows: Testtagebuch III – Riesige Rückschritte 0

Im zweiten Teil des Testtagebuchs schrieb ich über meine Anlaufschwierigkeiten mit Assassin’s Creed Shadows. Doch trotz diverser Probleme hatte ich zu dem Zeitpunkt Spaß mit dem Spiel. Leider hat dieser Spaß nicht vorgehalten, denn mit jeder weiteren Spielstunde werden die fundamentalen Probleme von »Assassin’s Creed Shadows« deutlicher. Die drängendste Frage: Wieso gibt es hier eigentlich nichts zu entdecken?!

Offen gesagt: Hinsichtlich Sidecontent und Exploration ist »Assassin’s Creed Shadows« ein gewaltiger Rückschritt im Vergleich zu Valhalla. Denn in Valhalla war es noch so: Sobald ich in der Landschaft etwas Interessantes gesehen habe, war dort auch etwas. Es gab überall abwechslungsreiche Events (quasi Nebenquests, aber implizit formuliert), kleine Kletter- und Schiebepuzzle, ober- und unterirdische Ruinen, Klöster, Schätze und versunkene Schiffe, Animus-Glitches, Flüche, Federn. Irgendwas, bei dem man plötzlich über einen kleinen Happen Gameplay stolperte. Valhalla war voll mit solchem Krempel. Jede Kirche und selbst viele Bauernhäuer hatten Kletter- und Rätselpassagen. Überall gab es Dinge zu tun und zu entdecken und überall konnte ich selbstbestimmt, außerhalb der Fesseln eines starren Questsystems, spielen.

In »Assassin’s Creed Shadows« ist davon: Nichts. Oder zumindest so wenig, dass es mit “Nichts” ausreichend fair verkürzt wäre. Es gibt die serientypischen Aussichtstürme und Gegnercamps – manchmal in riesigen Burgen, meist jedoch in Form eilig befestigter Zeltlager mit Barrikaden. Dass mir in der offenen Welt mal etwas anderes begegnet wäre, kann ich bisher an einer Hand abzählen. Ja, ab und zu kann ich in einem Tempel dreimal beten, einmal habe ich schon eine Parkourpassage gefunden, an deren Ende eine Schatztruhe mit einer Waffe auf mich wartete, aber ansonsten: Camps von groß bis klein. Und nun bin ich der letzte, der gegen Spielen zum Selbstzweck etwas einzuwenden hätte: Ich brauche keine große Story und genieße schweigsame, gameplay-zentrierte Spiele. Aber immer-gleiche Lager von Feinden leerzuräumen, um dafür generische Craftingmaterialien zu bekommen, ist ehrlich gesagt nicht besonders reizvoll. Das einzige, was regelmäßig in der Welt verteilt ist, ist Ingame-Währung, um mich in den Shop zu locken. Der Rest besteht aus zweifellos wunderschönen Landschaften und Siedlungen, die aber keinen(!) spielerischen Content bieten. In Verbindung mit den Leerstellen bei Interface und Spielfunktionen bekomme ich daher langsam den Eindruck, dass »Assassin’s Creed Shadows« vor allem das Engine-Upgrade finanzieren soll und für das eigentliche Spiel kein Budget mehr übrig war.

Auch über Nebenquests stolpert man kaum im freien Spiel. Es gibt sie zwar, doch sind diese meist über ein großes “Questboard” organisiert. Man sammelt sie nicht in der Welt, sondern im Rahmen anderer Quests ein, etwa, indem man während der Haupthandlung Charakteren begegnet, die dann noch Nebenaufträge anbieten. Der große Nachteil ist, dass diese Missionen so nicht mehr organisch in der Spielwelt existieren und dort von mir entdeckt werden können, sondern, dass ich eine Einkaufsliste im Menü habe, die ich abarbeite und durch die ich schon vorher weiß, wo ich hin muss und was es dort zu finden gibt.

Für mich ist es wahnsinnig schwer, für all das eine gute Begründung zu finden. Das Open-World-Design ist ein gewaltiger Rückschritt im Vergleich zu Valhalla, aber auch zu Odyssey und Origins, wo zwar auch viele Gegnercamps existierten, diese aber häufig in interessanten Locations wie Ruinen und Tempeln angesiedelt waren, statt in bloßen Zeltlagern. Ja, »Assassin’s Creed Shadows« ist wunderschön anzusehen, aber spielerisch vollkommen inhaltsleer und generisch. Es wirkt wie eine Open World der frühen 2010er-Jahre, die uns gerechtfertigterweise schon lange zum Hals raushingen. Vielleicht hat Ubisoft es vergessen, aber wir waren alle froh, als es in Spielwelten endlich mehr zu finden gab, als lediglich Gegnercamps. Wieso sich die Entwickler ausgerechnet darauf zurückbesinnt, ist schwer nachzuvollziehen. Das kann man nicht mal mit “Back to the roots” verklären, denn diese Wurzeln waren schon damals ziemlich öde. Für Menschen wie mich, die Open Worlds als virtueller Entdecker spielen möchten, bietet »Assassin’s Creed Shadows« daher nichts.

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Sebastian spielt auf der Playstation 4 samt PSVR und der Nintendo Switch aktuelle Blockbuster und Indies.

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