»Amnesia – The Dark Descent« war meine erste Review überhaupt, als ich vor ziemlich genau drei Jahren angefangen habe auf einer etwas professionelleren Ebene über Spiele zu schreiben. Das Indiespiel von 2011 hat sogar heute noch Relevanz als eines der – wenn nicht sogar DAS – unheimlichste, meisterhafteste Horrorspiel der jüngeren Geschichte. Ich sehe heute noch denselben Grund dafür, wie ich ihn damals gesehen habe: Im Gegensatz zu den »Resident Evil«- und »Dead Space«-Teilen dieser Welt, schien das Team von Frictional Games tatsächlich verstanden zu haben, was RICHTIGE Furcht ausmacht. Ausgeliefert zu sein. In einer Situation zu sein, die man nicht versteht. Fremdartigen Schrecken gegenüberzustehen, die man nur selten sieht, wenn überhaupt. Zumindest für mich, aber wovor wir Angst haben ist ja immer noch eine Geschmacksfrage des Einzelnen. Manche mögen zum Beispiel keine Jumpscares, wie es sie etwa in »Dead Space« zu Hauf gibt, weil sie schnell an Effektivität verlieren. Für viele Horrorfans, besonders die Hartgesottenen, ist das ein Zeichen für kreativen Bankrott, denn es ist das Erzeugen von Schrecken (aber eben nicht Angst) auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner. Ich hingegen behaupte, dass auch Jumpscares ihren Platz im Horror-Repertoire haben, solange sie nur nicht überreizt werden, was aber leider so häufig der Fall ist.
Spieler/Filmfans mögen Horror, weil er auf der einen Seite etwas kathartisches hat. Eine Art
Jetzt, nach drei Jahren nach dem ersten »Amnesia« gibt es mit »Outlast« endlich ein neues Spiel, Indie obendrein, das dieselben Gefühle in mir auslöst. Full circle, quasi. »Outlast«, das es schon eine Weile für PCs gibt und im Februar für PS4 erscheint, vollbringt das allerdings auf eine sehr andere Art und Weise. Frictional Games haben 2011 mit der Angst vor dem Unbekannten gespielt. Der schlimmste Feind war die eigene Fantasie, wenn Spieler sich ausgemalt haben, was da im Schatten eigentlich lauert. Red Barrels haben dagegen bei ihrem Streifzug durch das verwahrloste Mount Massive Asylum nicht die geringste Intention, irgendetwas im Unklaren zu lassen, obwohl das Spiel einige Ähnlichkeiten zu »Amnesia« aufweist. Einmal mehr spielen wir einen Protagonisten, der eine Abneigung gegen Waffen zu haben scheint und nur eine Kamera mit sehr begrenzter Batteriedauer hat, um sich in dunklen Gängen zurecht zu finden (im anderen Spiel war es eine Öllampe): Der investigative Journalist Miles hat sich zum Mount Massive Asylum aufgemacht, weil er einen anonymen Tipp über die katastrophalen Zustände dort bekommen hat. Anstelle einer gemeinnützigen Einrichtung betreibt die Murkoff Corporation hier eine Anstalt mit menschenunwürdigen Zuständen, in der Menschenversuche an den armen Schweinen vorgenommen werden, die hier eingeliefert werden. Sofort wird klar, dass hier etwas ganz gewaltig nicht stimmt – gepanzerte Truppentransporter vor der Eingangstür sind in der Regel ein sicherer Indikator dafür. Nachdem man sich Zugang zur Anstalt verschafft hat, bietet sich einem ein verstörendes Bild: Zertrümmerte Möbel überall, Blutspuren und mit Leichen gepflasterte Gänge.
Ja, ein unheimliches Irrenhaus mag zunächst zu den „ältesten“ oder auch „müdesten“ Tropen in visuellen Medien gehören, aber das allein soll uns hier noch keinen Abbruch tun, da es dennoch atmosphärisch gut und sinnvoll umgesetzt ist. Gleich zu Anfang (da das Folgende in den ersten 10 Spielminuten stattfindet, bin ich so frei, es nicht als Spoiler zu betrachten) findet man sich beispielsweise in einem Raum wieder, wo drei verunstaltete Psychopaten auf der Couch sitzen und wie gebannt auf einen blutbespritzten Fernseher ohne Empfang starren, der an der Wand vor sich hin rauscht. Sie scheinen Miles nicht wahrzunehmen, sondern sitzen nur da und starren auf den Bildschirm. Diese Situation verdeutlicht, mit welcher Art Horror man es hier zu tun hat. Statt andauernder Anspannung durch das Unbekannte, Fremdartige zu erzeugen, hat das Team von Red Barrels eine andere Message: „Du bist nachts in den Zoo eingebrochen und ins Tigergehege gefallen. Allein. Mit einem Steak um den Hals. Vielleicht sind einige Tiger noch satt von der Fütterung, vielleicht aber auch nicht. Viel Spaß. <3 “ Obwohl alles zunächst wie gewöhnlicher Splatter-Horror ohne Anspruch aussieht, ist das nur die trügerische Oberfläche! »Outlast« erzeugt dadurch etwas, was die wenigsten Games hinbekommen: Ein anhaltendes Gefühl der Paranoia, selbst wenn man das Spiel bereits ausgemacht hat. Hier geht es nicht um Zombies oder Aliens. Die Monster hier sind Menschen. Zugegeben entstellte und geisteskranke Menschen, aber Menschen. Psychopathen und allein dadurch völlig unberechenbar. Was gerade noch ein wimmerndes Häufchen Elend in der Zimmerecke ist, kann einen im nächsten Moment schon anfallen und umbringen wollen. Der Titel ist angenehm unangenehm und in ein paar wenigen Situationen musste ich gar eine Pause einlegen, weil ich Nackenschmerzen aus Anspannung oder gar ein leichtes Übelkeitsgefühl durch konstantes Herzrasen hatte und ich bin wirklich nicht zart besaitet, was sowas angeht.