Skyrim: Erlebnisse eines Dovahkiins 6

Skyrim: Erlebnisse eines Dovahkiins 6

Die Spiele der Elder-Scrolls-Reihe spalten seit jeher die Gemüter. War Morrowind für viele damals zu schwer zugänglich, da man vom Spiel nach spätestens 5 Minuten komplett allein gelassen wurde, ging Oblivion plötzlich exakt ins andere Extrem und bot eine ziemlich austauschbare und glatte Fantasy-Erfahrung. SKYRIM soll nun alles anders machen und schafft es, einen gelungenen Spagat zwischen Komplexität und leichter Zugänglichkeit hinzulegen.

Als ich mir überlegt habe, wie ich einen Artikel zu diesem Spiel schreiben soll, wurde mir bewusst, dass eine klassische Review diesem Epos nicht gerecht wird. Natürlich könnte ich schreiben, dass die Grafik zwar nicht hervorragend ist, aber fantastisch die Atmosphäre des Spiels einfängt, dass die Quests schön ausgeglichen sind und auch die Hauptstory viele Fehler aus dem Vorgänger bereinigt, aber das wäre in diesem Fall einfach nicht angemessen und könnte zukünftige Spieler in die Irre führen. Nein, ich will vielmehr Beispiele dafür nennen, was seit Beginn an die größte Stärke der Elder-Scrolls-Spiele ist: die Individualität der Erlebnisse, die das Spiel zwangsläufig nach einiger Zeit entwickelt.

Jeder Spieler wird nach dem Tutorial einen unterschiedlichen Weg einschlagen, sei es in der Ausrichtung der Charakter-Klasse – welche es seit diesem Teil nicht mehr gibt – oder im Verlauf der besuchten Orte, absolvierten Quests und der entstandenen Zufallsbegegnungen. Wenn mir ein bestimmtes Ereignis widerfährt, dann kann ich mir ziemlich sicher sein, dass ein anderer Spieler trotz ähnlicher Interessen nie auf dieses Ereignis stößt. Sei es, weil er auf dem Weg nach Riften eine andere Abzweigung genommen hat, oder einfach entsprechende Personen prophylaktisch bereits umgebracht hat. Um mein Spielerlebnis darzustellen, habe ich mich entschlossen, vier verschiedene Erlebnisse des Dovahkiins – dem Protagonisten – darzustellen, die zwar nicht repräsentativ für das Spiel stehen, aber dennoch ganz gut einfangen, dass das Erlebnis der Elder-Scrolls-Spiele hauptsächlich abseits der vorgegebenen Quest-Reihen stattfindet. Ich muss natürlich an dieser Stelle eine SPOILER-WARNUNG ausstellen: Manch überraschende Ereignisse könnten durch diesen Artikel vorweggenommen werden.

Sehr früh im Spiel, ich war gerade das erste Mal auf dem Weg zur tollen Stadt Markrath, traf ich auf meiner Reise auf ein Ehepaar samt Bodyguard. Die Stimmung war mies, denn der Mann zwang seine Frau, die weite Reise nach Solitude anzutreten, um der Hochzeit der Cousine des Kaisers beizuwohnen. Seiner Meinung nach ein Ereignis, das kein Bewohner Skyrims verpassen sollte, denn schließlich heiratete sie einen ranghohen Rebellen, was den Friedensbemühungen des Landes einen deutlichen Sprung nach vorne verschaffen sollte. Dass sich der Dovahkiin dieses Ereignis nicht entgehen ließ, sollte klar sein – nur beobachtete er die Hochzeit mit einem Bogen in der Hand von einem Wehrgang der Festung aus und nahm kurze Zeit später eine aktive Rolle in der Verhinderung dieser Hochzeit ein. Noch Tage später fühlte sich der Dovahkiin schlecht, weil er die Bemühungen des Ehepaares so sabotierte.

Ein paar Tage danach traf der Dovahkiin auf einen Ork, welcher recht verzweifelt wirkte, denn schließlich alterte er, und die Tradition schrieb ihm vor, dass er ehrenhaft in einem Kampf sterben musste. Das Kaninchen, das er zuvor abschlachtete, schien wohl nicht genug Herausforderung zu sein. Der Dovahkiin hingegen fühlte sich stark genug, dem Ork seinen Wunsch zu erfüllen, schließlich hatte er soeben einen Frostdrachen besiegt. Die Sterbehilfe, die daraufhin geleistet wurde, sollte die Schmach, die er durch das Sabotieren der hochdekorierten Hochzeit erlitten hatte, wieder wettgemacht haben. Ruhe in Frieden, ehrenvoller Ork.

Dass der Dovahkiin ein Waldelf, auch Bosmer genannt, war, verschaffte ihm zwar ein natürliches Talent im Schleichen, führte aber auch immer wieder dazu, dass die ursprünglichen Bewohner des Landes, die Nord, ihm ständig vorwarfen ihnen das Land zu klauen. Dass er das Land von Drachen befreite, war manchen der Nords allerdings egal. Beließen es die meisten nur bei Drohungen, fiel der Dovahkiin einer Gruppe von Bewohnern in Windhelm besonders negativ auf: Als er des Nachts die Stadt verlassen wollte, wurde er prompt überfallen. Nur knapp konnte er sich der Gefahr erwehren, während die Stadtwache nur daneben stand und wegschaute. Die Integration von Immigranten ist auch in Skyrim leider nicht sehr stark vorangeschritten, ein Problem, dass im multikulturellen Cyrodiil von Oblivion nicht vorhanden war.

Die Befreiung des Landes von den Drachen wird leichter, wenn sich Zweckallianzen bilden können. Denn schließlich bedrohen die feuer- und frostspuckenden Reptilien nicht nur einen kleinen Teil der humanoiden Bevölkerung, sondern auch die heimische Fauna. Kämpfe zwischen Drachen und den Tieren gehören durch das massive Auftreten der Drachen fast zur Tagesordnung, und wie immer bildet ein gemeinsamer Feind eine Zweckgemeinschaft, die zur Besiegung dessen führen soll. Problematisch ist allerdings, dass sich Tiere schwer tun mit der Einhaltung des vorübergehenden Waffenstillstandes. Als der Eisbär nach dem Sieg anfing, am fast toten Dovahkiin zu nagen, wurde ihm diese Problematik auch bewusst. Seitdem lässt er sogar nach dem Tode eines Drachens seinen Elfenbeinbogen gezückt.

Es sind diese Erlebnisse, die Skyrim einzigartig machen. Wer sich nur der Hauptquest widmet, wird einen großen Teil des Spielspaßes verpassen. In den Spielen der Elder-Scrolls-Reihe ging es schon immer um die individuelle Erfahrung der einzelnen Spieler, die nur durch Abweichen der klassischen Wege des Spielens erreicht wird. Skyrim führt dieses Erlebnis in einer Exzellenz durch, die ich bis dato noch nicht gesehen habe. Von klassischen Banditen-Unterschlüpfen über Drachenkämpfe bis zur Erkundung der fantastischen Dwemer-Ruinen: Wer wagt, gewinnt. Für mich persönlich ist Skyrim das absolute Highlight dieses unglaublich vollgepackten Spielejahres. Wer sich darauf einlässt, seinen eigenen Weg zu gehen, der wird aktuell mit keiner anderen Fantasy-Welt so viel Spaß haben wie mit Skyrim. Und wer sich dieses Spiel nicht kauft, wird mit einem zornigen „FUS RO DAH!“ über die nächste Klippe geschleudert.

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Frederik Wagner (Redaktion) Job: Student im Master of Education für Geschichte und Englisch Auf ZwO Experte für: PC-Spiele aller Art, hauptsächlich aber Sachen aus den Bereichen RPG und Strategie, bevorzugt rundenstrategisch. Die herumstehende Xbox erweitert das Spektrum um reine Konsolentitel. Hier holt sich Freddi Gaming-News: PCGamer.com Mail: fw [at] zockworkorange [dot] com Twitter: Fredelsloh XBLA: - PSN: - Steam: Fredelsloh Erstes Game: Prince of Persia Liebste Games: Baldur’s Gate II, Planescape Torment, Arcanum, Civilization II, Europa Universalis 3 Liebste Persönlichkeit der Branche: Warren Spector Liebste Game-Figur: Minsk und Boo

6 Comments

  1. Könnte knapp werden ;)
    Im Ernst: Skyrim ist schon ein sehr mächtiges Spiel, allein von den Sidequests und den erkundbaren Landschaften her. Aber das Schöne an so etwas ist ja, dass man sich frei einteilen kann, ob und wieviel Zeit man damit verbringt. Irgendwann hatte ich auch genug und hab mich auf die Hauptquest gestürzt, aber ich habe von Leuten gelesen, die 150h im Spiel sind und noch nicht einen Drachen besiegt haben (Die werden erst mit der Hauptquest “freigeschaltet”).

  2. dass deine Review sehr gut gelungen ist, zeigt sich für mich darin, dass ich keins der geschilderten Erlebnisse selber hatte (außer natürlich den Drachen der gegen Bären/Wölfe/Horker kämpft) das läd zwar an sich zum nochmal spielen ein, aber ich schaffe ja schon das erstemal kaum in einem Leben.
    Nach nun fast 80h, habe ich noch keine Gilde bis zu Ende gespielt, die Hauptquest ist so gut wie unangetastet, mein Journal ist voll mit dutzenden Sidequests, die letzte große Stadt habe ich noch nicht mal betreten und ich habe schon fast das Level Cap erreicht. Ich finde episch trifft es schon ganz gut, ob man die Reihe nun mag oder nicht. Zum Zeitverschwenden gibt es nichts besseres.

    P.S.: die cooleste Rüstung bekommt man bei der dunklen Bruderschaft

  3. Nach ca. 90 Spielestunden kann ich ein “kleines Fazit” ziehen: Tolles Spiel!

    Meine Rothwardonin Sara ist Level 45, lebt mit einer Priesterin des Tempels der Dibella zusammen in Weißlauf und ist eine meisterliche Zweihandkämpferin in schwerer Rüstung, die trotzdem nicht auf den Mund gefallen ist und sich, sollte es drauf ankommen, auch durchaus leise in den Schatten bewegen kann. Ihrem selbstgeschmiedeten legendären Ebernerzschwert sind schon über dreissig Drachen zum Opfer gefallen (ganz zu schweigen von den vielen Halunken), ihre Zaubertränke verhexen ganz Himmelsrand und sogar ihr Lautenspiel ist recht passabel.

    Ich habe wohl so ca. ein Drittel des Spiels gesehen, die Hälfte der Achievements geknackt und werde das Spiel trotzdem Ende der Woche in den Schrank sperren. Mein Urlaub ist nämlich zuende und ich muss wieder arbeiten (und da brauche ich meinen Schlaf und kann nicht morgens bis halb 5 Worte der Macht sammeln).

    Kritikpunkte:
    1. Händler haben viel zu wenig Geld in der Kasse. Trotz Investition in die Läden brauche ich manchmal eine Stunde zum Verkauf meiner Kriegsbeute.
    2. Kampfsystem ist eher bescheiden. Habe ich zu Anfang hin und wieder aus Versehen meinen Begleiter getroffen war das ja noch nicht so schlimm, aber mit oben genanntem Schwert ist die liebe Lydia direkt einen Kopf kürzer und das letzte Savegame muss her.
    3. Nervige Bugs wie z.B. Drachen getötet aber keine Seele bekommen, (Neben-)Quests abgeschlossen aber noch offen im Menü (daher: auch keine Punkte) oder auch häufiges Ruckeln bis hin zu Systemabstürzen (2-3 pro Tag!).

    Vielleicht schiebt Bethesda ja demnächst mal ein Update nach. Oder einen DLC? Vor den Osterferien werde ich das Spiel aber nicht mehr einlegen, sonst habe ich danach im echten Leben keine Freunde mehr ;-)

    Immer schön den Himmel im Auge behalten!

    http://twitter.com/#!/rajue42/status/154676256716242947/photo/1/large

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