Es gab eine Zeit, da hat sich eine kanadische Firma namens BioWare ganz der Versoftung eines Rollenspielsystems namens Advanced Dungeons and Dragons gewidmet. Ihren Höhepunkt in diesem Bereich hatte ebenjene Firma zu einer Zeit, als sie die ersten Spiele in halbwegs annehmbaren 3D-Gewand zeigten und daraufhin immer mehr Egoshooter das Licht der Welt erblickten. Es ergab sich auch zu jener Zeit, dass Klein-Freddi von einem Schulfreund in die Welt der Pen&Paper-RPGs eingeführt wurde und sich dadurch auch gleichzeitig in die Pixel-Pendants verliebte. Just zu jener Zeit veröffentlichte diese kanadische Firma die Legende schlechthin unter ihren Entwicklungen: BALDUR’S GATE II.
BALDUR’S GATE II sollte zur ikonischen Messlatte eines ganzen Genres werden, eine Tragweite, die sich mir damals nicht ganz erschloss. Ich sah einfach nur die Versoftung des Pen&Paper-Systems, das ich zufällig auch zu jener Zeit spielte, welche zudem noch überall herausragende Wertungen erhielt. Das mindestens genauso fantastische Planescape: Torment soll hier natürlich auch erwähnt werden, aber BALDUR’S GATE II hat mich persönlich sehr viel mehr geprägt.
Doch was genau ist so faszinierend an BALDUR’S GATE II gewesen? Allen voran die Story: Der Protagonist, den man sich nach den klassischen Regeln der zweiten Edition von D&D zusammenstellt, wacht in einem Verlies auf, trifft seine Begleiter aus dem ersten Teil und stellt fest, dass ebenjenes Verlies, aber auch die eigene Truppe, angegriffen wird. Hat man sich durch dieses Tutorial durchgeschlagen, kommt der Spieler in die riesige Stadt Athkatla und begibt sich prompt auf die Suche nach zweien seiner Begleiter, die für die unerlaubte Nutzung von Magie eingesperrt werden. Es folgt eine epische Geschichte in dessen Verlauf der Protagonist nahezu gottgleich wird und die sich über 100 Stunden Spielzeit streckt. Was die ganze Geschichte so episch macht, ist eine klassische „Vom Tellerwäscher zum Millionär“-Wandlung, bei der man wirklich das Gefühl hatte, der zentrale Bestandteil von allem zu sein, was die Welt ausmacht.
Unterstützt wird diese Geschichte durch die unzähligen Begleiter, die nicht nur Kommentare zum Geschehen liefern, je nachdem wie ihre Gesinnung war, sondern auch selbst spannende Geschichten erzählen und damit ungemein zur Immersion beitragen. Die Interaktion innerhalb der Gruppe war bereits das Markenzeichen von BioWare-Titeln, doch wird sie in diesem Spiel so konsequent wie nie zuvor umgesetzt (wenn man mal von Planescape: Torment absieht). Besonders ans Herz gewachsen ist mir damals der Waldläufer Minsk mit seinem Hamster Boo. Leicht durchgeknallt, aber immer ans Gute glaubend, musste ich mir so manche Schelte und böses Fiepen vom Hamster gefallen lassen, wenn ich wieder mal moralisch zweifelhaft gehandelt habe. Moralische Problemstellungen sind ein weiteres Markenzeichen der Kanadier und natürlich auch hier wieder vorhanden.
Letztendlich war aber das epische Abenteuer mein Hauptgrund mich in dieses Spiel zu verlieben und ihm in zwei Durchläufen über 200 Stunden meiner Lebenszeit zu widmen. Ist schon die Stadt Athkatla riesig, geht das Abenteuer erst richtig los, wenn man die Stadt hinter sich lässt und die fast ungreifbar riesige Welt erkunden kann. Alles in diesem Spiel schreit episch, sei es die Geschichte, die Welt oder die Gegner. Die Kämpfe können durchaus eine halbe Stunde dauern, da man jede Eventualität berücksichtigen muss – und exakt diese Kämpfe vermisse ich in heutigen RPGs. Dragon Age: Origins hat zwar eine abgespeckte Variante zu bieten, aber wir wissen ja alle, was BioWare draus gemacht hat.
Vielleicht erwähne ich das Wort episch zu häufig, aber aus gutem Grund: Kaum ein existierendes RPG kann mit diesem Brocken mithalten. Für mich, der ich damals gerade erst die Welt von Pen&Paper erkundete, war BALDUR’S GATE II ein Geschenk. Natürlich ist nicht alles perfekt, aber die Kleinigkeiten, wie der nervige Startdungeon, fallen kaum ins Gewicht. Wenn ihr es noch nicht getan habt, dann spielt es. Sofort. Auf gog.com lässt sich dieses Meisterwerk westlicher RPGs für 9,99$ erstehen.
Auch Planescape: Torment muss ich noch ein weiteres Mal erwähnen, denn dieses Spiel bietet letztendlich auch all das was BALDUR’S GATE II zu bieten hat, nur in einer wirklich durchgeknallten Welt, auf einer deutlich kleineren geografischen Ebene. Die sehr schwer zugängliche (namensgebende) Welt hat letztendlich den Erfolg von Planescape: Torment verhindert und macht es so zu einem der unterschätztesten RPGs aller Zeiten. Nichtsdestotrotz habe ich BALDUR’S GATE so viel Zeit gewidmet wie keinem anderen Spiel. Dieser Faktor multipliziert mit einem fantastischen Spiel ergibt für mich eindeutig mein Lieblingsspiel aller Zeiten.
Wird – neben Baphomets Fluch – bald wieder in meinem Laufwerk landen. Minsk und Boo haben ihre eigene Verfilmung verdient. :)
Oh ja Baldurs Gate! Als AD&D-Jünger war das Spiel damals für mich eine wahre Offenbarung! Ich glaube, ich habe kein Spiel öfter durchgespielt; in allen nur erdenklichen Gruppenkonstellationen.
Wenn ich mir allein die epische Musik des Titelscreens in Erinnerung rufe, läuft es mir kalt den Rücken runter!
DADAAAAAAm DADAM……!
Planescape Torment schafft es mit seiner philosophischen Tiefe und den abgedrehten Chars definitiv auf Platz 2. Mindestens. Wenn ich mir die Implikationen und Weltanschauungen des Multiversums noch mal in Erinnerung rufe, läuft es mir auch hier nochmal kalt den Rücken runter. Gott, ich muss die wohl beide nochmal spielen. Nur woher die Zeit nehmen??? *SEUFZ*
@Marc: Baphomets Fluch – auch ein sehr gutes Spiel, aber ich befürchte die Rätsel sind mir noch zu geläufig um mir den Spaß nicht zu verderben.
@Nerd Wiki: Japp, wie gesagt: Es war perfekt für Leute die zu jener Zeit AD&D gezockt haben.
Planescape Torment mag in vielerlei Hinsicht das bessere Spiel sein, es hat mich aber einfach nicht so sehr gepackt. Vielleicht ließ ich mich damals auch zu sehr von der abgedrehten Atmosphäre abschrecken? Ich war eher Fan von straighter Fantasy.